Momente herzlichen Miteinanders. Papst Benedikt XVI. inmitten seiner Schüler und Neuen Schüler in Castelgandolfo 2012. Foto: Michael Hofmann

  • "Wir waren natürlich alle sehr traurig, auf der anderen Seite haben wir es als großen Akt empfunden, dass er ganz eigenständig ist in seinen Entscheidungen, dass er seine Entscheidung wirklich vor Gott trifft, dass er nicht am Amt hängt."
    P.Stephan Horn

Papst Benedikt XVI. und sein Schülerkreis
Kardinal Kurt Koch

Das Zweite Vatikanische Konzil
Die Hermeneutik der Reform

50 Jahre nach seinem Beginn steht das Konzil im Widerstreit der Meinungen. So steht die Frage im Raum: Wie muss es neu gelesen und verstanden werden, damit es der Kirche von heute Orientierung und Dynamik schenken kann? Steht es unter einem Zeichen eines Bruchs mit der Vergangen-
heit oder unter dem Zeichen einer Kontinuität, die zugleich Reform bedeutet? Was spricht für eine „Hermeneutik der Reform“? Die Darlegungen von Kurt Kardinal Koch in Castelgandolfo und die Gespräche des Schülerkreises des Papstes versuchen darauf eine Antwort zu geben. Das Buch bietet vor allem die Möglichkeit, die Sicht von Papst Benedikt XVI. näher kennenzulernen.

St. Ulrich Verlag GmbH
ISBN: 978-3-86744-175-9
gebunden, 160 Seiten,
140 mm x 220 mm,
EUR 19,95 (D), sFr 28,50,
EUR 20,60 (A)

Was wird aus Ratzingers Schülerkreis?
Hans-Joachim Vieweger, B5 aktuell, Religion & Kirche, 24.03.2014

Moderation: Diesen Fall hatten wir bekanntlich noch nie – ein „Papst emeritus“ wohnt ein paar Türen weiter zum amtierenden Papst. Papst emeritus Benedikt der Sechzehnte, Josef Ratzinger, hat gesagt: er schweigt ab jetzt – und anders ist es wohl nach seinem Rücktritt auch nicht zu regeln. Was aber wird aus seinem Schülerkreis – Die 1977 begonnenen regelmäßigen Treffen mit früheren akademischen Schülern gehören zu den wenigen festen Terminen, die der frühe Prof Ratzinger auch als Papst nicht aufgegeben hat. Hans-Joachim Vieweger.

Beitrag: Ob er etwas geahnt hat? Gar etwas wusste? Nein, sagt Pater Stephan Horn, der Sprecher des Schülerkreises. Doch er erinnert sich, dass sich Benedikt beim Treffen im August vergangenen Jahres von jedem Einzelnen seiner ehemaligen akademischen Schüler sehr persönlich verabschieden wollte (auch wenn dies aus Zeitgründen am Ende nicht möglich war); im Nachhinein bekommt das für Horn eine ganz besondere Bedeutung. Ob der Papst schon damals mit dem Gedanken des Rücktritts gespielt habe?

O-Ton P. Stephan Horn
Wir waren natürlich alle sehr traurig, auf der anderen Seite haben wir es als großen Akt empfunden, dass er ganz eigenständig ist in seinen Entscheidungen, dass er seine Entscheidung wirklich vor Gott trifft, dass er nicht am Amt hängt.

Die Bedeutung des Rücktritts stellt auch Professor Ludwig Weimer heraus, der sich bei Ratzinger in seiner Regensburger Zeit habilitierte.

O-Ton Prof. Ludwig Weimer
Nicht nur, dass das Papsttum jetzt ein bisschen relativiert wird, mehr von seiner Funktion her gesehen wird, eigentlich weiß jeder, der sich auskennt, dass das bedeutet: Er tritt zurück, damit einer der jünger ist, die Sache Jesus schärfer reinbringen kann, in die Kurie, in die Kirche, in das ganze Gottesvolk.

Benedikt zieht sich zurück aus der Öffentlichkeit. Ist damit auch der Kontakt zum Schülerkreis abgeschnitten? Nein, meint Weimer.

OT Prof. Ludwig Weimer
In unserem kleinen intimen Kreis könnte er eingeladen werden, wenn wir uns im Sommer wieder treffen, und wir hoffen, dass er nicht zur zu einem Gottesdienst kommt und eine schöne Homilie hält, sondern auch ein bisschen teilnimmt – wir wollten ihn ja auch feiern.

Bei der Auswahl des Themas für das sommerliche Gespräch in Castelgandolfo hatte Benedikt auch noch mitgewirkt: Die Gottesfrage im Horizont der Säkularisierung – ein typisches Ratzinger-Thema, könnte man sagen. Pater Stephan Horn ist aber nicht sicher, ob der Papst emeritus wirklich auch kommen kann.

OT Pater Stephan Horn
Er wird den ein oder anderen Gast empfangen, seinen Bruder natürlich, wir hoffen im stillen, dass er auch den ein oder anderen von uns gelegentlich empfängt, er wird sicher mit dem Schülerkreis in Verbindung bleiben und wir hoffen, dass es auf diese Weise geschehen kann.

Maßgeblich im Kreis der Ratzinger-Schüler ist der Wiener Kardinal Schönborn; daneben hat sich ein neuer Kreis gebildet mit Theologen, die nicht selbst bei Ratzinger studiert haben, sondern sich mit seinem Werk beschäftigen – hier ist Kardinal Koch führend, der Präsident des Päpstlichen Einheitsrates. Das deutet schon an: Die Impulse Ratzingers, insbesondere sein Anliegen, Glaube und Vernunft zusammenzubringen, werden die Theologie weiter beschäftigen. Und auch in der Kirche gewürdigt werden, meint Professor Weimer.

O-Ton Prof. Ludwig Weimer
Natürlich wird er zum Kirchenlehrer erhoben werden. Das ist selbstverständlich. Deshalb wird er studiert werden. Seine Lehre, seine Worte, sein Versuch des Gesprächs mit der modernen Philosophie, mit den Heiden, das wird eine ganz große Rolle spielen in der Zukunft, weil die Kirche nicht nur in Europa von den Glaubenszweifeln angenagt wird.

Ein weiteres Anliegen Ratzingers, das Miteinander von Theologie und Spiritualität, lebt der Schülerkreis selbst: Durch die enge Verbindung von gottesdienstlichem Rahmen und theologischen Gespräche. Und noch ein Drittes Anliegen Ratzingers wird nach Einschätzung von Pater Horn vom Schülerkreises gepflegt werden.

O-Ton Pater Stephan Horn
Seine große ökumenische Ausrichtung. Wir haben im Schülerkreis als dauernden Gast einen evangelischen Theologen, im neuen Schülerkreis haben wir inzwischen drei orthodoxe Theologen – so wird das ökumenische Gespräch auch durch seine Schüler weitergehen.