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Prof. em. P. Dr. Stephan Otto Horn SDS

Stephan Otto Horn,
Siegfried Wiedenhofer
Schöpfung und Evolution
Eine Tagung mit Papst Benedikt XVI. in Castelgandolfo.
Erscheinungsjahr: 2007, Sankt Ulrich Verlagt
ISBN 978-3-86744-018-9

Im Jahr 2005 stieß der Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn durch einen Gastkommentar in der New York Times eine weltweit beachtete Debatte um „Schöpfung und Evolution“ an. Papst Benedikt XVI. beauftragte den Kardinal, näher auf die Problematik und die aktuelle Diskussion zwischen „Evolutionismus“ und „Kreationismus“ einzugehen und bat seinen jährlich zusammentreffenden Schülerkreis, sich diesen Fragen zu stellen. Dieser Band dokumentiert die aufsehenerregende Tagung, zu der Papst Benedikt XVI. im Jahr 2006 in die päpstliche Sommerresidenz Castelgandolfo über das Thema „Schöpfung und Evolution“ eingeladen hat: mit den dort gehaltenen Vorträgen aus Naturwissenschaft, Philosophie und Theologie sowie der Diskussion, an der Papst Benedikt XVI. selbst durch viele Gesprächsbeiträge teilgenommen hat.

Inhaltsverzeichnis

Joseph Ratzinger/
Papst Benedikt XVI.
Weggemeinschaft des Glaubens
Kirche als Communio
Festgabe des Schülerkreises (Hg.) zum 75. Geburtstag von Joseph Cardinal Ratzinger.
Stephan Otto Horn, Vinzenz Pfnür (Red.)

Erscheinungsjahr: 2002
Verlag Sankt Ulrich
ISBN 978-3-936484-63-2

Joseph Ratzinger, der am 19. April 2005 zum Papst gewählt wurde und den Namen Benedikt XVI. angenommen hat, zählt zu den brillantesten Denkern unserer Zeit und gilt als einer der größten christlichen Gelehrten seit Thomas von Aquin. Die Schüler des langjährigen Universitätsprofessors Joseph Ratzinger haben aus Anlaß von dessen 75. Geburtstag zentrale Texte ihres Lehrers zusammengestellt, die tiefe Einblicke in den theologischen Kosmos dieses außergewöhnlichen Kirchenmannes erlauben. Das Buch, das besonders dem Thema Kirche als Gemeinschaft (Communio) gewidmet ist, bietet im Anhang eine vollständige Bibliographie der Werke Joseph Ratzingers bis zum Jahr 2002.

Bücher

Kardinal Joseph Ratzinger mit P. Stephan Horn SDS beim Treffen des Schülerkreises im Kloster Steinfeld vom 14.-17. 9. 1991
Prof. Joseph Ratzinger und seine Regensburger Schüler mit Prof. Karl Rahner und Abt Thomas Niggl in der Abtei Weltenburg am 27. 2. 1977

Luca Caruso im Gespräch mit Pater Stephan Otto Horn, Schüler und Assistent von Joseph Ratzinger, L’OSSERVATORE ROMANO, lundì-martedì 29-30 dicembre 2014.

Da fand ich die echte Freude Theologe zu sein.

Von Luca Caruso

Es gibt Begegnungen, die das Leben verändern. So war es bei Pater Stephan Otto Horn, als er 1970 Professor Joseph Ratzinger kennenlernte, der bald „Vater einer theologischen und auch spirituellen Familie“ wurde. Pater Horn, der sein Schüler und Universitätsassistent in Regensburg war und der heute die Aufgabe wahrnimmt, Werk und Denken des Papstes durch Institutionen, die seinen Namen tragen, gegenwärtig zu halten, nennt diese Begegnung und seine Aufnahme in den Schülerkreis „eine der größten Gnaden, die mir in meinem Leben geschenkt wurden“.

Wie verlief die Begegnung mit Ratzinger?
Ich habe meine theologischen Studien in Passau, einer wunderschönen Stadt an der Grenze zu Österreich, absolviert, wo die Salvatorianer, denen ich zugehöre, damals studierten. Mein Dogmatikprofessor dachte, ich könnte sein Nachfolger werden. Als ich nach Regensburg fuhr, teilte ich Professor Ratzinger mit, dass ich meine Promotionsarbeit unter der Leitung von Professor Michael Schmaus gefertigt hatte. Dieser hatte Ratzinger große Schwierigkeiten dadurch bereitet, dass er seine Habilitation und damit seine Laufbahn als Theologe verhindern wollte. Ratzinger hatte dann aber doch Erfolg und fand schließlich ein gutes Einvernehmen mit Professor Schmaus. Als ich zu Ratzinger kam, wusste ich nichts von alledem. Wir sprachen einfach über meine Dissertation.

In welchem Jahr war das?
Es war zu Anfang 1970. Er, Professor Ratzinger, war im Herbst 1969 nach Regensburg gekommen. Er nahm mich ohne weiteres und sehr wohlwollend an, obwohl ich von einer anderen theologischen Richtung herkam. Ähnlich war es bei den anderen 25 Studenten, die damals promovieren wollten. Wir trafen uns alle zwei, drei Wochen – aber nicht an der Universität, sondern im Priesterseminar, und wir spürten, dass bei ihm Theologie und Spiritualität eine Einheit bildeten. Das Treffen begann jeweils mit einer Messfeier, in der er selber oder einer von uns Priestern eine Homilie hielt. Dann diskutierten wir miteinander. Ratzinger war sich wohl nicht ganz sicher, ob es das Beste war, uns nicht einzeln, sondern durch diese Treffen zu begleiten. Bei diesen Doktorandenkolloquien legte jeder von uns Forschungsergebnisse vor, die wir dann in großer Freiheit und intensiv besprachen. Wenn einer von uns etwas vortrug, bezog Ratzinger nicht sogleich selbst Stellung dazu. Vielmehr fasste er den Beitrag zusammen – oft besser als wir selbst es konnten – und fügte erst später seine eigenen Überlegungen hinzu. Er hatte ein sehr klares Denken, drängte uns seine Auffassung aber nicht auf, sondern ließ uns in aller Freiheit diskutieren. Es ging ihm einfach darum, die Wahrheit zu finden. Und alles geschah in einer großen Schlichtheit.

Und ihre Dissertation?
Meine Habilitationsarbeit drehte sich um Leo den Großen und das Konzil von Chalcedon – nicht in christologischer, sondern in ekklesiologischer Sicht; es ging um die Beziehung des Nachfolgers Petri zum Konzil. Es war eine historische Arbeit, die Rom und Konstantinopel, Rom und die Kirchen des Ostens betraf und so zugleich eine ökumenische Dimension hatte. Das Konzil von Chalcedon ist ein Beispiel dafür, wie die Auffassung des Papstes und die der (anderen) Bischöfe zur Übereinstimmung geführt werden können. Ein historisches Thema also, aber zugleich eines, das für den Dialog zwischen der katholischen Kirche und der Orthodoxie hilfreich sein kann.

Und nach Ihrer Habilitation?
Zwei Jahre nach unserer Begegnung lud mich Ratzinger ein, sein Assistent zu werden, eine Aufgabe, die ich von 1972 bis 1977 wahrnahm, als er als Erzbischof nach München gerufen wurde. Ich blieb noch eine Zeit, und er kam als Erzbischof noch einige Male, um seine letzten Doktoranden zu begleiten. Später begannen die jährlichen Treffen des Schülerkreises, des Kreises seiner ehemaligen Schüler.

Entstand damals der Schülerkreis?
Nein, er entstand nachher, 1981, gegen Ende seines Wirkens als Erzbischof. Es ist freilich nicht ganz einfach, ein genaues Datum zu benennen. Zunächst gab es die Treffen und Kolloquien mit den Doktoranden. Zu Anfang 1978, Monate nach seiner Bischofsweihe und seiner Erhebung zum Kardinal, trafen sich seine Schüler – nicht nur die von Regensburg, sondern auch die von Bonn, Münster und Tübingen, da er an jeder Universität, an der er lehrte, eine Gruppe von Doktoranden hatte. Dieses Treffen war das erste gemeinsame. Ein paar Jahre später haben wir begonnen, die Treffen regelmäßig abzuhalten. Freilich führte Ratzinger schon in Tübingen und in Regensburg Treffen seiner Schüler mit anderen Professoren durch und lud so bedeutende Theologen wie Hans Urs von Balthasar, Karl Barth und andere dazu ein. Ein solches Treffen fand am Ende jeden akademischen Jahres an je anderen Orten statt, zu denen große Theologen zu Vorlesungen von ihm eingeladen wurden, und so konnten wir auch mit evangelischen Theologen oder mit Philosophen diskutieren. Aus diesen Erfahrungen erwuchsen die späteren Symposien des Schülerkreises mit ihm, zu denen er immer einen Dozenten einlud und bei denen wir uns zu Gebet, Studium und Gespräch über ein je anderes Thema trafen.

Wieviele Doktoranden waren es 1978?
In Regensburg waren es etwa 25 Doktoranden und Habilitanden. In den frühen Jahren des Schülerkreises waren wir mehr als 50.

Welches sind die grundlegenden Optionen der Theologie von Ratzinger?
Wir spürten immer, dass Ratzinger Dogmatiker und Fundamentaltheologe, gleichzeitig aber auch Exeget war, der das Wort Gottes immer studierte und meditierte – Altes wie Neues Testament. Für uns war er das Beispiel eines Theologen in der Linie des Vatikanum II, gemäß dem die Heilige Schrift Fundament und Seele der ganzen Theologie ist, gelesen auch im Licht der frühen Väter der Kirche. Wort Gottes und Kirche sind in seinem Denken eng miteinander verbunden; die Theologie basiert auf der Schrift, aber auch die Heilige Schrift wird ausgelegt von der Mitte des Glaubens der Kirche her. Es ist eine Exegese, die nicht von der Kirche losgelöst ist, sondern die in der Kirche lebt und in ihr ausgelegt wird. Überdies sind  für Ratzinger die Heiligen die ersten Theologen. Sie vertiefen sich nicht nur studierend in das Wort Gottes, sondern nehmen es mit ihrem Herzen, mit ihrem ganzen Leben auf. Sie sind die ersten Exegeten, und die Theologen müssen ebenfalls in der Wissenschaft der Heiligen verwurzelt sein. Das ist seine feste Überzeugung. Die Theologie muß deshalb immer mit einer echten Spiritualität verbunden sein.

Gibt es Denker, welche die Theologie Ratzingers stark beeinflussten?
Eine Reihe grundlegender Einsichten verdankt er Augustinus, über den er seine erste wissenschaftliche Arbeit schrieb. Von ihm her entwickelte er denn auch eine eucharistische Ekklesiologie: Es ist Christus, der uns an sich zieht, wenn er sich uns (in der Eucharistie) schenkt; wir werden zu ihm gezogen und werden eins in ihm. Die Kirche ist deshalb nicht einfach Volk Gottes, sondern Volk Gottes als Leib Christi, weil wir alle in Christus eins werden. Christus ist die Mitte der Kirche, er verwandelt uns in sich, und so erwächst die Kirche aus der Eucharistie. Deshalb ist die Eucharistie das Zentrum der Kirche – das ist eine seiner grundlegenden Überzeugungen – und damit tritt er auch in das Gespräch mit Orthodoxen ein, die eine eucharistische Ekklesiologie vertreten. Bei ihnen ist freilich jede Kirche in sich selbst vollständig, während nach Ratzinger die Eucharistie, gefeiert in einer Ortskirche, die Kirche nur dann vollständig gegenwärtig macht, wenn sie mit der universalen Kirche vereint ist. Dies bedeutet eine bemerkenswerte Differenz – und so suchen wir die die Beziehungen der katholischen Kirche zu den orthodoxen Kirchen auf der Basis einer eucharistischen Ekklesiologie weiterzuentwickeln. Ein anderer großer Gedanke geht auf Bonaventura zurück: Die Offenbarung ist nicht einfach eine Summe von Wahrheiten, die durch die Zeiten hindurch weitergegeben werden, sondern die Selbstoffenbarung Gottes, die er uns schenkt – also eine Geschichte zwischen Gott und Mensch. Gott spricht zu uns und wir empfangen die Offenbarung, die also erst im Glauben zum Ziel kommt. Sie ist also eine Dialog. Schmaus fürchtete, dies könnte Subjektivismus sein: Wenn Gott sich dem Menschen offenbart, rezipiert ihn jeder auf seine Weise, und das bringt große Schwierigkeiten mit sich. Nach Ratzinger ist die Offenbarung nicht an eine Einzelperson gerichtet, sondern an das Volk Gottes, an die Kirche.  Sie ist das Subjekt der Offenbarung. So ist jeder Subjektivismus ausgeschlossen.

Gibt es in Ihrem Leben ein vor und nach Ratzinger?
Als junger Theologe wollte ich tief in die Theologie eindringen und hatte einen großen Professor – Alois Winklhofer, der uns vor dem Konzil den Weg zum Konzil öffnete. Das Vaticanum II war für uns deshalb nicht ein Bruch, sondern eine Entwicklung. Und für mich gab es mit Ratzinger noch einmal eine Weiterentwicklung. Mit ihm wurde alles sehr intensiv: es wuchs die Liebe zur Kirche und die Freundschaft unter uns allen. Nach 1977 kehrte ich in mein Salvatorianerkloster zurück. Für ein Semester war ich Dozent in Passau, 1981 kam ich als Dogmatikprofessor nach Augsburg. Und 1986 erhielt ich einen Ruf zu einer Professur für Fundamentaltheologie in Passau.

Jetzt sind Sie emeritierter Professor für Fundamentaltheologie?
Ja, seit 1999. Ich bin alt.

Aber auf diese Weise haben Sie die Aufgabe, Werk und Denken von Ratzinger bekannt zu machen, besser erfüllen können.
Ich möchte zuerst ein Wort zu den Treffen des Schülerkreises sagen. Professor Wiedenhofer und ich – die letzten Assistenten von Ratzinger – haben die ersten Treffen vorbereitet, und zwar jedes Jahr an einem anderen Ort in Deutschland. Als all das für Kardinal Ratzinger mehr und mehr zu einer Last wurde, haben wir begonnen, uns während der Zeit seiner Ferien in der Nähe von Regensburg zusammenzufinden, und so konnte er von seinem Haus in Pentling aus anreisen. Als er dann zum Papst gewählt wurde, hat er uns eingeladen, einmal nach Castelgandolfo zu kommen. Wir haben daraufhin seine ganze Hand genommen und ihn gebeten, das Treffen in jedem Jahr wie früher abzuhalten.

Und das geht bis heute weiter?
In einer bestimmten Hinsicht ja. Wir treffen uns ohne ihn in Castelgandolfo und besuchen ihn dann im Vatikan – nicht nur für die Messe, sondern auch für einen Augenblick persönlicher Begegnung. Er spricht mit jedem. Das ist nicht nur für uns eine große Freude, sondern auch für ihn, er fühlt sich ja als Vater einer theologischen und auch spirituellen Familie.

Kehren wir zu den Insitutionen zurück, welche die Theologie und Spiritualität des Theologen Ratzinger verbreiten.
Wir Schüler hatten schon vor seiner Wahl zum Papst im Sinn, seine Theologie lebendig zu erhalten, und dachten daran, eine Stiftung ins Leben zu rufen. Das gelang 2007 mit der „Joseph Ratzinger Papst Benedikt-Stiftung“ in München. Als Antwort auf die Notwendigkeit, junge Theologen zu finden, welche die Theologie von Ratzinger studieren, haben wir 2008 einen anderen Kreis von Schülern gegründet, den Neuen Schülerkreis. Sie haben einen ähnlichen Namen, und so fühlen sie sich in diese Familie aufgenommen, auch wenn sie nicht ehemalige Schüler sind, sondern Schüler in einer anderen Weise. Auch sie haben sich mit uns in Castelgandolfo getroffen, aber wenn Papst Benedikt mit uns zusammenkam, um theologische Gespräche zu führen, zog er es vor, dass nur seine theologische Familie sich mit ihm traf, während sie für sich diskutierten. Jetzt freilich, nach dem Amtsverzicht des Heiligen Vaters, führen wir die theologischen Gespräche gemeinsam, auch wenn sie einen Tag für sich haben wie wir für unsAn diesem Tag halten beide Gruppen einen theologischen, spirituellen und pastoralen Erfahrungsaustausch – also nicht bloß im Blick auf die Theologie, sondern auch auf unser Leben. Am Sonntag schließlich treffen wir den Heiligen Vater zur Feier der Eucharistie.

Was wird in diesem Jahr das Thema sein?
Normalerweise sucht der Schülerkreis während seines Treffens in Castelgandolfo drei Themen und ein paar Namen von Persönlichkeiten aus. Dann gehe ich zum Heiligen Vater, um sie ihm vorzulegen. Diesmal hat unser emeritierter Papst bei einem zweiten Besuch Ende November das Thema ausgewählt „Wie heute von Gott reden“ und als Referenten Professor Tomás Halík eingeladen – einen tschechischen Priester, einen besonderen Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen der modernen Welt.

Wie arbeiten die Institute zusammen?
Papst Benedikt hat immer gewünscht, dass die Institute, die für seine Theologie und Spiritualität tätig sind, nicht isoliert und noch weniger gegeneinander arbeiten, da sie in gewisser Weise miteinander verbunden sind. Daher haben wir – die Ratzinger-Stiftung in München – Beziehungen zum Institut Papst Benedikt XVI.in Regensburg, das für die Herausgabe der Gesammelten Schriften Sorge trägt und jedes Jahr ein Symposium über den neu publizierten Band organisiert. Einige von uns arbeiten mit dem Institut zusammen wie auch der neue Bischof von Regensburg in einer gewissen Weise zu unserer Stiftung gehört. Wir sind also miteinander verknüpft. Man wollte auch, dass einer von uns Mitglied des Stiftungsrats der Fondazione Vaticana Joseph Ratzinger sei, und so bin ich wegen meiner Italienisch-Kenntnisse gewählt worden und weil ich zusammen mit einem Kollegen den Vorstand unserer Stiftung bilde. Wir haben Beziehungen auch zur Stiftung Geburtshaus Papst Benedikt XVI. des Geburtsortes unseres Heiligen Vaters, Marktl am Inn, das bisher jedes Jahr ein Symposium durchgeführt hat, an dem wir mitgewirkt haben.

Welche Beziehung haben Sie zur Fondazione Vaticana?
Wir verdanken der Fondazione Vaticana viel. Sie hat uns vor allem in der Durchführung von zwei Symposien in Afrika zu „Jesus von Nazareth“ unterstützt. Das erste fand in Benin im Jahr 2013 statt, während wir im März dieses Jahres (2014) nach Morogoro (in Tansania) an eine von meiner Ordensgesellschaft gegründete Universität gegangen sind – in eine Hochschule, die für Ordensleute gegründet wurde, weil sie in den überfüllten Diözesanseminaren keinen Platz mehr fanden. Es war ein Symposium mit mehr als 500 Teilnehmern, unter ihnen fünf Bischöfe, und viele Ordensfrauen und Ordensmänner. In Benin hatte das Symposium eine stärker wissenschaftliche Ausrichtung, in Morogoro eine mehr pastorale, allgemein zugängliche Ausrichtung. In Afrika gibt es für gewöhnlich nicht die Möglichkeit, viel von Ratzinger zu lesen. So haben wir eine Einführung in seine Theologie im Blick auf sein Werk „Jesus von Nazareth“ geboten, und sie wurde mit immenser Freude aufgenommen. Der Enthusiasmus war wirklich bemerkenswert, da man seine Theologie in ihrem großen, auch spirituellem Reichtum noch kaum kannte – und dies hat die Herzen geöffnet. Wir spüren die Verpflichtung und die Aufgabe, in dieser Richtung weiterzuarbeiten. Jetzt sind wir daran, ein Symposium in Berlin über die großen Reden des Heiligen Vaters zu wichtigen gesellschaftspolitischen Fragen in Regensburg, Berlin, Paris, London und anderswo vorzubereiten. Das bedeutet eine große Herausforderung. Wir werden das Symposium wohl im kommenden Jahr (2015) durchführen.

Sie haben vor kurzem den achtzigsten Geburtstag gefeiert.
Es war für mich eine große Überraschung, dass man mir am Ende der letzten Tagung nach der Eucharistiefeier mit dem Heiligen Vater ein Buch überreicht hat, das von Mitgliedern des Neuen Schülerkreises und von anderen verfasst worden ist – unter ihnen Kardinal Koch und Kardinal Schönborn, der die Einführung geschrieben hat. Es trägt den Titel „Dienst und Einheit“ und enthält Studien zum Primat Petri in ökumenischer Sicht. Der rote Faden des von Michaela C. Hastetter und Christoph Ohly herausgegebenen Buches ist die Darstellung der von Ratzinger entfalteten Theologie des petrinischen Amtes.

Wie denkt man über das Leben und den Glauben am Ende eines der Theologie und dem Gebet gewidmeten Lebens?
Als junger Theologe habe ich es als sehr hilfreich, ja sogar als notwendig empfunden, einen Professor gefunden zu haben, der mich persönlich begleitet hat. Ein junger Theologe kann viele Fragen haben und auch viel Dunkelheit erleben. Mit Menschen  sprechen zu können, die beispielhafte Priester und wahre Theologen sind, war für mich ein großes Geschenk. Für uns Schüler von Ratzinger war es darüber hinaus eine echte, außerordentlich große Gnade, Freunde zu finden die brüderlich miteinander verbunden sind. Und so denke ich, dass es heute für junge Menschen noch dringlicher ist, Freunde zu finden, die einerseits über theologische Fragen sprechen und andrerseits die Erfahrung von geistlicher Gemeinschaft, geistlichem Leben vermitteln. Auch in Deutschland gibt es heutzutage junge Menschen, die eine intensivere Beziehung zur Eucharistie und Augenblick von Schweigen und Anbetung suchen und damit eine persönliche Beziehung zu Jesus. Ich halte es für wichtig, dass es solche Möglichkeiten gibt, in den Raum des Glaubens einzutreten, Zusammenkünfte, in denen das Zentrum des Glaubens zum Leuchten kommt, in denen Fragen gestellt werden können und in denen vom Glauben gesprochen wird, aber auch von den Schwierigkeiten, die mit ihm und mit der Kirche verbunden sind. Wir sollten den jungen Menschen solche Möglichkeiten anbieten, damit sie reif werden können, aber auch Momente der Stille vor Christus in der Eucharistie, denen sich ein Gedankenaustausch anschließen kann. Solche Erfahrungen sind gerade in unserer Zeit hilfreich. Freilich kann auch die Theologie Glaubensschwierigkeiten hervorrufen – es gibt ja so viele Theologen und so unterschiedliche Auffassungen. Einen großen Theologen zu finden, der zu gleicher Zeit ein Mann der Kirche und ein spiritueller Mensch ist wie Papst Benedikt oder ähnliche Theologen, das kann eine ganz außerordentliche Stütze sein. Theologie und Spiritualität, Theologie und Kirche – wenn dies alles zusammenfindet, dann trägt es sehr. Als junger Theologe habe ich dem Kreis von Schülern Ratzingers zugehören dürfen, die theologische Forschungen betrieben haben. Dort sind mir Freundschaften geschenkt worden und zugleich habe ich als Ordensmann eine geistliche Familie gehabt. Aber diese beiden Elemente meines Lebens haben sich gegenseitig nicht behindert, eines hat das andere getragen, und das hat mir sehr geholfen. Es war für mich eine der größten Gnaden, die ich in meinem Leben empfangen haben, dass ich Ratzinger in einer so starken Weise nahe kommen durfte.

Können Sie sich an etwas erinnern, das für Ihre Beziehung zu Ratzinger als Professor bezeichnend ist?
Als ich sein Assistent war, habe ich auch Sorge für die ausländischen Studenten getragen, die sogar aus anderen Kontinenten kamen. Es war ihm daran gelegen, dass ich mich um sie kümmerte und von ihren Schwierigkeiten erfuhr. Er interessierte sich auch für ihre finanziellen Probleme, um sie zu unterstützen. Eines Tages wollte einer der Studenten keine Unterstützung annehmen. Ratzinger sagte zu ihm: „Wer nicht empfangen kann, darf auch nicht geben“ – wer nicht die Demut hat, von einem anderen etwas entgegenzunehmen, darf auch anderen nicht  geben. Der Student hat diese Lektion nie vergessen.

Interview, leicht gekürzt.